Meine Vertrautheit mit der Skulptur, mein Studium und die ständige Betrachtung der Skulpturformate und -materialien haben mich sofort in Übereinstimmung mit Jan Douma und mit den Präsenzen gebracht, die sein Atelier bestimmen, verborgen und diskret in der Umgebung des alten Burgheims eingebunden.
Ab dem Eingang empfangen mich stille Monolithen, wie Präsenzen-Zeugnisse, welche die Zeit „korrodiert“ hat, ohne in der Lage zu sein sie auszulöschen, sofort eine raue Bearbeitung hervorhebend, welche das Ergebnis einer expressiven Gewandtheit sind, die mit dem Ziel arbeitet, eine intensive ästhetische Dimension zu erreichen, weit weg von jedem Überfluss, durch Reduktion ausgeführt, frei von Zwischentönen, um wirklich durch Sensibilitätausdrucksvoll zu sein.
Im Hof erfasst ein weiterer aus dem Gleichgewicht geratener Monolith links unseren Blick, bevor wir in den Raum kommen, wo wir auf eine Reihe von Skulpturen treffen die durch den „Dialog“zwischen Stein und Holz gekennzeichnet sind; rechts, wie Tafeln, die die Spuren der Zeit „still erzählen“, steht eine plastische Oberfläche, die von einem Zeichen durchzogen wird, das die starre Substanz des Betons ritzt und durchquert und einen andächtigen lyrischen Satz suggeriert.
Im Atelier hat Jan Douma eine Reihe von Skulpturen installiert, die durch die Beziehung zwischen dem Granitmonolith und Eichenholz geprägt sind, in denen die Rauheit und Strenge seiner Erforschung intakt durchdringt. Während der Stein mit der Stabilität seines Gewichts „unterstützt“, lehnt sich das Baumfragment an und wird in einer vertikalen Linie freigesetzt; während die grobe Physikalität des Dolmen von der Erde „spricht“, „erzählt“ das hölzerne Artefakt von der Landschaft; während der eine rau behauen ist und sich mit der kompakten natürlichen Pigmentierung der Grautöne durchsetzt, reagiert das andere mit der „verbrannten“ Partinierung des Holzes, so sorgfältig bearbeitet, das es die perfekte Dimension der Epidermis erreicht.
Im Inneren Jan Doumas’ kreativen Lebensraumes, den artikulierten Dialog, der zwischen Gegenständen, Gemälden und Papieren fließt beobachtend, nehmen wir die Ausbreitung einer Idee wahr, Skulptur zu schaffen, um der metaphysischen Stimme und Substanz zu verleihen; die „Stille“ scheint der „roten Faden“ zu sein, der die verschiedenen, aus der Bearbeitung entsprungenen Themen miteinander verbindet, in deren Größe und Substanz wir aufgenommen werden, bis wir fähig sind, einTeil davon zu sein, bis wir ihre „Stimme“ wahrnehmen und hören, die zwischen die Materialien, zwischen Gegenständen und Oberflächen flüstert, von Grau- über Schwarztönen bis hin zu Farbakzenten – und fähig sind deren raue Energie zu teilen.
(Katalogtext Kaleidoskop Freiburg, 2022, erschienen zur Anlass der Ausstellung in Museo Irpino in Avellino /IT)
Herbert M. Hurka – 2021, Freiburg
„Counterparts“ –Gegenstücke
Ob edel wie Marmor oder alltäglich wie Granit, ob natürlich wie Kirschholz oder künstlich wie Beton. Seien es der widerständige Gneis oder der gefügigere Diabas oder aber ansprechende Hölzer wie Kirsche, Eiche, Birne und dergleichen: Diese Materialvielfalt leitet gleich zumProduktionsprozess über. Anders als für viele seiner Bildhauerkollegen beginnt die Arbeit von Jan Doumas nicht mit Skizzen oder Planzeichnungen, sondern damit, sich von einem Stoff inspirieren zu lassen, sich zuerst auf die Suggestion eines Materials einzulassen. Auf diese Weise wird jede Arbeit zu einem Neuanfang mit frühen Hinweisen darauf, welche Formen sich anbietenkönnten, was sich womit kombinieren und, wenn man so will, vergesellschaften ließe – Holz mit Stein, Stein mit Stein oder Holz mit Holz. Erst dann, in einer zweiten Phase, kommt die Zeichnung dazu, um Vorstellungsbilder zu präzisieren beziehungsweise verschiedene Optionen durchzuspielen.
Eine Auswahl der Resultate präsentiert die Ausstellung von Skulpturen, Malerei und Druckgrafik mit dem Titel „Counterparts“ – „Gegenüberstellungen“. Die Titelwahl trifft insbesondere auf jene Arbeiten zu, die paarig angeordnet sind wie die Skulptur „Upright Angle“ – „Aufrechter Winkel“ von 2015. Es handelt sich um ein reduktionistisches Arrangement aus einer grob behauenen Granitstele und einer rissigen Eichenbohle. Wie Jan Douma die Materialien ausdifferenziert, lässt sich an „Colision“ demonstrieren. Diese Arbeit erscheint wie ein Gegenmodell zu „Upright Angle“, dessen beideElemente sich dadurch charakterisieren, dass sie fast naturbelassen sind und ihre primäre Wirkung aus ihrer Zusammenstellung und Anordnung im Raum erzielen.
Während „Upright Angle“ durch die schwer am Boden liegende Bohle zusammen mit der Unzerstörbarkeit des Granits einen zwingenden Eindruck von Stabilität vermittelt, gilt für „Collision“ das Gegenteil. Das Werk von 2020 scheint sich in einem labilen Gleichgewicht zu halten. Ein aus einem schwarzen Diabas- und einem weißen Marmorelement zusammengesetztes Paar hält sich wie auf wundersame Weise im Gleichgewicht. Trotz dass die Teile sich irgendwie noch stützen, kippt das Ganze nach rechts – natürlich nur beinahe –aus seiner notwendigen Vertikalitätheraus. Unklar jedenfalls bleibt, frei nach jenem bekannten Goethe-Gedicht, ob das Weiß „dahinsinkt“ oder das Schwarz hinab in die Tiefe zieht. Offensichtlich referiert „Colision“ auf „Uplifted“ von 2013, einem ebenfalls schwarz-weißen Werk aus Kalkstein und Diabas, das ebenfalls Gleichgewicht und Abstützung thematisiert. Auch dies haben beide Skulpturen gemeinsam: Anders als etwa bei den Granitteilen sind hier die Oberflächen in einem Wechsel von Glätte und Struktur akkurat ausgeführt.
Um zu sehen, wie ideenreich Douma seinen paarigen Formenkanon variiert, verdienen die geflämmten Holzfiguren besondere Aufmerksamkeit. Mit einem Propangasbrenner wird das zu behandelnde Holz nicht nur geschwärzt, sondern gelegentlich richtig in Brand gesetzt und anschließend wieder gelöscht. Neben dem Arrangement der Formen wirft diese spezielle Behandlung ein Licht nicht allein auf die Oberflächenstrukturen, sondern auch auf die Farben, deren Kombinationen als ein weiterer künstlerischer Input bemerkenswert ist. Douma beschränkt sich weitgehend auf die Materialfarben wie auf das gesprenkelte Grau des Granits, den gedeckten Braunton des Eichen- oder den warmen Rotstich des Kirschholzes. Gerade bei seiner minimalistischen Konzeption sind die meistens nicht mehr als zwei aufeinander treffenden Farbtöne von besonderem Gewicht. Das steigert sich, wenn die Entscheidung zu den unbunten Farben, oft auch als Nichtfarben bezeichneten Schwarz und Weiß tendiert. Wo die Interaktion des dunklen Diabas mit dem hellen Marmor als extremer Kontrast ins Auge sticht, macht das geflämmte Holz ein anderes Register auf, denn zu der samtigen Beschaffenheit der Oberfläche erzeugt das Pigment eine zusätzliche Faszination. Dafür, wie verschiedene Oberflächen mit einander kommunizieren, ist die stelenhafte Skulptur „Black on black“ (2020) ein geglücktes Beispiel. Der traditionelle Sockel ist dekonstruiert, auf- und umgewertet zu einer autonomen Komponente, ihrerseits kombiniert mit einem länglichen Quader aus geflämmtem Kirschholz. Verschiedene Eigenschaften und Bearbeitungen bilden hierbei eine neues Pattern für „counterpart“. Unten: glatt geschliffener, glänzender schwarzer Diabas, oben: das stumpfe, samtige, verkohlte Holz, was nicht nur zwei gegensätzliche Oberflächen zur Geltung bringt, sondern auch zwei verschiedene Schwarzwerte, die zu erkennen geben, dass sich auch diese so homogen wirkende Nichtfarbe sich abtönen kann.
Eine Besonderheit der Holzverkohlung zeigt darin, dass weder die Beschaffenheit des Materials im Vordergrund steht, noch seine Farbe, dass auch das Pigment nicht auf einen Farbträger aufgebracht ist, sondern dass es hergestellt wird und Ergebnis der Transformation eines natürlichen Stoffes ist, das Produkt einer chemischen Umwandlung zu einem authentischen Stoff mit einer andersartigen Mikrostruktur. Mit „Equal“, „United“, „Intimate“, „Leaning“ und „Clan“ sind es, wenn auch mit einigen Vorläufern, vor allem die neuesten Arbeiten (2019-2021), die sich zu einer Schwarzen Serie zusammen fassen ließen, und die einmal mehr deutlich macht, wie dieser Künstler die kreativen Impulse eines zunächst unbekannten und von daher zu erforschenden Verfahrens adaptiert und umsetzt.
Jan Douma begreift sich in erster Linie als Bildhauer. Die künstlerische, aber auch mentale Beziehung zum Skulpturalen setzt, allgemein gesagt, ein Bewusstsein für Körper und Raum voraus, dafür, wie Körper auf einander einwirken, wie sie sich nicht nur im Raum verhalten, sondern ihn verändern und Umgebungen definieren. Was genau diese Verhältnisse betrifft, bewegt sich Douma in einem klassischen, d.h., von der Antike geprägten Skript, indem er Raum prinzipiell vom Körper her denkt. Aus dieser Perspektive objektivieren sich Skulpturen als Gebilde aus Masse und Statik – und doch nicht ausschließlich. Indem die Werke nicht monolithisch gesetzt sind, erweitert sich das Medium mit dem negativen Raum um ein dezidiert modernes Paradigma. Gemeint sind die Zwischen-, Frei- und Spielräume, die, obwohl sie Leere signalisieren, mit den Materialkörpern aus Masse und Statik zusammen gedacht, zusammen wahrgenommen und zusammen gesehen werden müssen. Auf diesen integrierten Leerraum weist der Titel einer aus drei vertikalen Elementen bestehenden Skulptur dann auch explizit hin; er lautet: „In between“.
Die den Ausstellungsraum untergliedernden Skulpturen werden begleitet von Gemälden. Mit ihren zumeist vertikal angelegten Farbfeldern folgen sie ein und demselben reduktionistischen Programm. Dabei kompensieren sie ihre Flächigkeit, mit der sie gegenüber den dreidimensionalen Skulpturen auf den ersten Blick weniger komplex erscheinen mögen, durch das weite Terrain der Farben.Als schlüssiger Hintergrund interagieren die Bilder von den Wänden aus mit den Skulpturen. Besonders augenfällig interagieren die warmen Farbvarianten des Bildes „Ohne Titel“ mit dem rötlichen „In between“. Bildhauerei und Malerei – Douma artikuliert sich in beiden künstlerischen Medien gleichzeitig, „parallel“, wie er selbst zu Protokoll gibt, so dass Beziehungen sich schon während der Produktion entwickeln. Im Resultat könnte man die Bilder analog zur Mathematik als Ableitungen der Skulpturen apostrophieren, Übersetzungen von 3D in 2D, wobei es immer auch in die Gegenrichtung laufen könnte, sobald das Malen die Bildhauerei inspiriert. Dieses Hin und Her zwischen den Metiers bezeichnet Douma als „Mäandern“.
Zu welcher Experimentierfreude diese mäandernden moves führen, zeigt die Holzdruckserie im oberen Geschoss. Im Hochdruckverfahren werden feine Farb-bestrichene Holzleisten Linie für Linie auf Papier gedruckt, so dass genuin graphische Strukturen entstehen, und jedes Bild zum Unikat macht. In ihrer Zeilenoptik evozieren die präzisen Parallelführungen beispielsweise sich zum Horizont ausdehnende Landschaften, Meereswellen, nicht zuletzt auch technizistische Muster früherer Bildschirmzeilen oder Visualisierungen elektrischer Frequenzen. Eine beinah logische Synthese aus der Arbeit mit Holz und der Malerei.
So löst die Ausstellung, was sie mit dem Titel „counterparts“ ankündigt, gleich in vielerlei Hinsicht ein. An erster Stelle in den dualistisch gegliederten Skulpturen, dementsprechend auch den face to face komponierten in Schwarz-Weiß,Masse und Leere, Vertikalität und Schräge, stabiles und labiles Gleichgewicht. Wer sich auf solcherlei Beziehungen einmal eingelassen hat, wird sicher noch mehr entdecken. Auf jeden Fall lässt sich aus den in der Galerie zusammen gestellten Arbeiten die Erkenntnis gewinnen, dass sich aus einem zwar entschieden reduktionistischen Programm ungeahnte Spielräume eröffnen für Kombinationen, Variationen, Transformationen, Oppositionen– ein Programm, das auch nicht aufhört, immer neue schöpferische Impulse zu schicken.
Saaltext zur Ausstellung „Counterparts“, Skulptur und Malerei, Jan Douma im Kunstverein Bahlingen, 23. 05– 13.06 2021.
Jan Blaß – 2020, Kirchzarten
(…) Beginnen wir mit der Zweier-Gruppe aus dem Jahr 2019, die auf der Einladungskarte abgebildet ist. Ein Paar voller Gegensätze: der nur halb so große, aber deutlich massigere, mit Keilen gebrochene Granitblock hat eine schräg zugehauene Standfläche, sodass er steht, als lehne er sich an das fast doppelt so hohe, schwarze Eichenholzbrett, das aber ebenfalls schräg gegen den Granitblock gelehnt ist. Der Titel „Leaning“ unterstreicht diesen Eindruck. Die Dreiviertelansicht des Fotos lässt das Brett sehr massig aussehen, zumal seine Oberfläche durch die Verkohlung mit einer Gasflamme so dunkel ist, dass es das Gewicht des Granitblocks mit Leichtigkeit zu stützen scheint. Geht man aber im Raum um die Gruppe herum, spürt man immer deutlicher, wie schlank das Brett und wie fragil sein Stand auf schmaler Kante ist. Es berührt den Granitblock überhaupt nur an einem einzigen vorstehenden Kristall, hauchzart, als sei es aus Balsaholz.
Wer lehnt hier also an wem, die Kraftverhältnisse des Stützens und gestützt Werdens verändern sich offenbar auf paradoxe Weise, je nach Standort und Perspektive des Betrachters und auch, je nach der Position der Plastik in diesem Gebäude. Die Position, die Jan Douma „Leaning“ gegeben hat, ermöglicht auch ein reiches visuelles Spiel mit den unterschiedlichen Stützen im Hintergrund, wenn man über die Rampe herauf kommt. (…)
Es gibt 3 Objekte von ihm, die ganz aus Holz sind: „Counterparts“ (2019) besteht aus zwei hölzernen Gegenspielern, die wie Ober- und Unterkiefer eines Walfisches aufeinanderliegen. Durch das Ineinandergreifen der beiden konvex gewölbten Formen am einen Ende im Kontrast zu den beiden sich zuspitzend auseinander strebenden Wölbungen unter einer flachen Oberseite am anderen Ende kann ein Vorne und ein Hinten entstehen. Die flache Oberseite des oben liegenden Teiles aus glatt poliertem Olivenholz ist dabei so geformt, dass im Holz eine wunderbare Durchdringung von zwei quer zueinander verlaufenden Maserungen sichtbar wird. Als würde eine Kette aus sehr kleinen Wellen über die Oberfläche eines flachen Sees laufen. Dagegen hat das untere Objekt durch die verkohlte Oberfläche, die leicht mit Öl geglättet wurde, eine samtig opake Haut ohne jede Tiefe.
„Coherence“ (2019) im Eingangsbereich ist deutlich erkennbar aus drei separaten Stücken Nußholz zusammen gesetzt, die alle drei als unterschiedlich proportionierte, vertikal gestreckte Kuben mit Stecheisen aus dem Stamm geschnitten sind. Danach aber sind sie mithilfe einer weiteren Nußholzleiste als Feder in der Standfläche miteinander verbunden worden und bilden so in der Summe eine ganz neue Form, die in der Seitenansicht deutlich flacher ist, als die blockhafte Frontansicht vermuten ließe.
„Sharp-edged Turn“ (2009), die „scharfkantige Abbiegung“ ist aus einem sehr alten, rissigen Holzbalken mit quadratischem Querschnitt gemacht, von dem drei Stücke abgeschnitten und neu zusammen gesetzt wurden. Dabei erkennt man den ersten Abschnitt nur an der geringeren Höhe, die eine formale Irritation an diese Stelle setzt. Er scheint mit dem stehenden zweiten verwachsen, ist aber tatsächlich angefügt und so exakt an die rissige Seitenfläche angepasst, dass man ohne den Höhenunterschied gar nicht merken würde, dass es zwei separate Stücke waren. Der dritte Abschnitte ist der längste und er ist nicht als Abschluss einer aufsteigende Reihung vertikal hinzugefügt sondern horizontal gelegt. Dadurch formt er mit dem ersten Abschnitt eine Raumecke mit zwei rechten Winkeln.
Das formale Gegenstück dazu ist „Connect“ (2011) aus Granit. Hier bilden zwei Granitblöcke eine Ecke, ohne aber miteinander verbunden zu sein. Der längere Block ist dabei mit dem Spitzeisen, das vertikal aufsteigende, lineare Spuren hinterlassen hat, so bearbeitet, dass ein Absatz entsteht, als seien hier zwei unterschiedlich große Blöcke zusammengefügt. Man erkennt aber bei genauerem Hinsehen, dass dieser eine, größere Block so gemacht ist, als seien es zwei Zusammengefügte. Beide Arbeiten sind wie Teile von Fundamenten auf flache Sockel in die Fußhöhe des Betrachters gestellt.
„Upright angle“ (2015, EG) bringt dann beide Themen mit liegendem Holzbalken und stehendem Granitbalken zusammen.
Immer wieder geht es also bei Jan Doumas Plastiken aus Stein, Holz und Beton um den Gegensatz von „tragen“ und „getragen werden“, „verbunden“ und „getrennt“, „innen“ und „außen“ und um Irritationen, die unsere Wahrnehmung sensibilisieren. Die Arbeiten entstehen allerdings nicht in diesem stringenten Aufeinanderfolgen, das meine Besprechung suggeriert. Zwischen den vier letzten Objekten liegen bis zu 10 Jahre, dazwischen wendet sich Jan Douma immer wieder der Malerei zu, entsprechend bilden die Acrylbilder auf Leinwand einen mindestens ebenso großen Anteil in dieser Ausstellung.
Auffallend an den Gemälden Doumas sind die klar abgegrenzten Farbformen, aus denen seine Kompositionen bestehen. Und im Unterschied zu Simone Rosenows Gemälden spielt ein Schweben im Raum kaum eine Rolle. Die Farbflächen sind oft monochrom und opak oder es stehen sich monochrome, opake Flächen und transparente, mehrfarbige Flächen gegenüber wie polare Kraftpotentiale, die Douma auf den immer vollständig übermalten Leinwänden malerisch austariert.
Die Titel sind auch hier englisch formuliert, was möglicherweise damit zusammen hängt, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Sicher aber liegt ein Grund darin, dass das Englische die Ambivalenz eines Themas oft besser zum Ausdruck bringt, als das Deutsche. Allerdings haben nicht alle Bilder Titel, weil er nicht immer das Bedürfnis spürt, einen bestimmten Aspekt des Bildes im Titel hervor zu heben.
Nehmen wir als Beispiel „Emerging“ (2016), wörtlich übersetzt „entstehend“, oder etwas freier „Geburt“, dann wird spürbar, dass das eine im Deutschen verkrampft wirkt, das andere schon wieder deutlich eingegrenzter ist, als das englische Gerundium. Das Bild gehört zwar gerade zu den Beispielen mit mehr Räumlichkeit oder gar Schweben im Bildraum. Trotzdem sind die drei Bereiche, das leuchtende Rot in der linken Hälfte, das Orange-Rosa im rechten unteren Viertel und der Bereich heller Töne von Gelb und Grün bis zu klarem Weiß durch die scharfen Kanten der Rottöne sehr klar voneinander abgegrenzt. Die Unterschiede der malerischen Tiefe zwischen dem Weiß und dem Rot sind minimal, die Flächen stehen weitgehend in einer Ebene (bei anderen Gemälden, insbesondere den Streifenbildern auf der 2. und 3. Galerie noch deutlicher) und selbst die atmosphärischen, durchscheinenden Valeurs der rechten oberen Ecke entfalten nicht diese Raumtiefe, die bei Simone Rosenows Malereien immer wieder auftaucht.
Als Drittes kommt bei Jan Douma die Grafik hinzu. Zwei Serien von Holzdrucken sind im obersten Raum der Grafik von Simone Rosenow gegenüber gestellt und durch den Kontrast werden die Eigenarten der beiden Künstler nochmals unterstrichen: das Spiel mit der seriellen Stapelung farbiger und schwarz-weißer Abdrucke von horizontal aufs Papier gesetzten Holzleisten ist viel konzeptueller und strenger als Simone Rosenows impulsives Setzen und Nähen von Zeichen. Man erkennt erst beim genaueren Hinschauen, dass die Spuren mit Holzleisten erzeugt wurden und zwischen den Zeilen quellen durch das zufällige Zusammenstoßen dunkler oder gleichfarbiger Stellen Bilder und Zeichen hervor, ohne dass sie bewusst erzeugt worden wären. Bei Simone Rosenow gehört ein ähnliches Hervordrängen von Zufalls-Inhalten zur Methode, aber nicht als Ergebnis eines mehrfach wiederholten Arbeitsganges sondern, wie schon zuvor erwähnt, als assoziativer Überschuss zu den grafischen und malerischen Formfindungen, den sie dann als Wort oder Text ins Bild schreibt.
Einführung zur Ausstellung ‚ Zeichenspuren‘ von Simone Rosenow und Jan Douma, Kulturmühle Rechberghausen am 20.02.2020.
Dr. Antje Lechleiter – 2019, Freiburg
(…. )Weich und hart, bearbeitet und unbearbeitet, Fläche und Volumen – Gegensätze ziehen Jan Douma, der im Kaiserstuhl lebt und arbeitet, magisch an. Seine Skulpturen aus Holz, Beton und Granit bestechen durch ihre Klarheit. Über das Lehnen und Stapeln, das Gruppieren von einzelnen Elementen erkundet der Künstler, welche emotionalen Aspekte sich aus dem Zusammenspiel von Material, Oberfläche und Raum ergeben können.
In „Leaning“ berühren sich beispielsweise die beiden Teile aus Eiche und Granit nur an zwei winzigen Stellen und genau diese Zone macht die Arbeit so faszinierend, immer wieder wollen wir beim Umrunden mit den Augen zu den Kontaktpunkten vordringen.
Die aus kubischen Elementen zusammengefügten Werke „Sharped-edge turn“ und „Connect“ gehören in einen früheren Werkabschnitt. Sie funktionieren über die nichthierarchische Anordnung der einzelnen Elemente, die in eine räumliche Ordnung gebracht wurden. Darstellung und Dargestelltes fallen hier zusammen, im Zentrum der beiden Arbeiten steht die Beziehung der einzelnen Elemente zueinander und zum umgebenden Raum. Zweifellos geht es Douma also nicht um eine Bildhauertätigkeit, die das Schnitzen und Meißeln an Materialien in den Vordergrund stellt. Ihn interessiert nicht nur das materiell Vorhandene, sondern auch das, was davon umschlossen wird oder sich in den Zwischenräumen ergibt. Der Künstler erkundet, welche Wirkung der Wechsel von innen und außen auf den Betrachter hat und wie mit den Mitteln von Skulptur Raum erfahrbar gemacht werden kann. Dieser Aspekt zeigt sich besonders gut bei den beiden röhrenartigen Werken aus Beton, welche bezeichnenderweise die Titel „Captured“ und „Intimate space“ tragen. Der Zugang erfolgt zwar zunächst über die Außenhaut, dennoch steht auch hier nicht die Auseinandersetzung mit der Form im Vordergrund. Die Öffnung der Skulptur erweckt vielmehr beim Betrachter das Verlangen, sich in das Innere vorzutasten, sich quasi in die Tiefe zu vertiefen. Hier finden sich unabhängig von der Außenhaut gestaltete Räume, die uns auf einer sehr emotionalen Ebene berühren. Konstellationen, Bezüge und Verhältnisse stehen ja in engem Zusammenhang mit Gefühlsäußerungen, die wiederum mit dem Zusammenspiel von Materialien und Strukturen verbunden werden können. Arbeiten wie „Counterparts“, zeigen beispielsweise, wie zwei Elemente interagieren und geradezu in einen Dialog über ihre Gegensätze und Gemeinsamkeiten geraten. Genaugenommen handelt es sich in diesem Falle allerdings um einen Trialog, denn es tritt noch ein weiterer Gesprächspartner hinzu. Douma geht es nicht nur um das weich gerundete Oliven- und das tief schwarz geflämmte Eschenholz, sondern auch um den Raum dazwischen, der den Charakter der Anordnung gleichermaßen prägt. Dieser Aspekt erklärt auch, warum der Künstler in seinem Oeuvre weitgehend auf figürliche Aspekte verzichtet. Er will die Welt nicht abbilden, sondern sucht über die Präsentation seiner Materialien, Strukturen und Oberflächen zu einer Zusammenführung von Körper- und Raumerfahrung zu gelangen.
Dass Raum auch in der Fläche wohnen kann, zeigt sein Relief „Rhythm“ aus geflämmtem Holz, das durch horizontale Einschnitte in seiner natürlichen Strukturierung verstärkt wurde. Damit eng verwandt sind die Unikatdrucke der beiden Serien. Douma druckte hier mit einzelnen Holzelementen, die sich im Zuge des Arbeitsprozesses zu einer mehr oder minder starken Verdichtung aufaddierten. Die Farbe das Blattes bleibt zwischen den einzelnen Linien sichtbar, und so verweist der Künstler wiederum nicht nur auf das Gestaltete, sondern auch auf das Ungestaltete, also auf die Leerstellen im Bild. „Between the lines“ lautet daher auch der schlüssige Titel dieser mehrteiligen Serie von farbigen Holzdrucken.(…. )
Aus der Einführung zur Ausstellung: ‚Interferenzen‘ von Jan Douma und Veronika Grüger, KünstlerWerkstatt L6 e.V. Freiburg am 12.09.19.
Dr. Wolfgang Jantz – 2015, Freiburg
(…) Vielseitigkeit zeigt sich zum einen im Einsatz unterschiedlicher Materialien (Holz, Gips, Natur- und Kunststein), ist aber auch, nach meinem Empfinden sogar bedeutsamer, ein Merkmal seiner künstlerischen Einstellung, seines Selbstverständnisses, mit dem er seine Vorhaben realisiert und sich dabei sehr persönlich in den Gestaltungsprozess einbringt. Dieses Selbstverständnis reicht von der konstruktiven Erarbeitung kantiger, kubistisch anmutender Formen bis zum sensiblen Erspüren bereits vorhandener charakteristischer Merkmale eines Fundstücks aus Stein oder Holz, die durch den bildhauerischen Eingriff verstärkt, ergänzt oder reduziert werden.
Er arbeitet vorwiegend als Bildhauer, d.h. die Endform entsteht subtraktiv aus dem Ausgangsmaterial, sei es der rohe Block oder das bereits vorgeprägte Fundstück. Es gibt aber auch die Plastiken, die ja durch Bearbeitung formbarer Materialien (hier Gips oder Gussbeton) entstehen und erst nach Abschluss der Gestaltung aushärten.
Jan Douma vermeidet zwar abbildende Gegenständlichkeit, trotzdem ergibt sich aus dem Interesse an Fundstücken, die durch Erosion oder partielle Zersetzung individuell vorgeprägt sind, doch recht oft ein enger Bezug zwischen natürlichen und freien Formen. Bereits vorhandene Merkmale werden respektvoll in den künstlerischen Gestaltungswillen aufgenommen, der allerdings sehr entschieden vorzugehen hat und das auch tut. Ihm ist selbstverständlich bekannt, dass Selbstdarstellung des Materials nicht zulässig ist.
Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser sozusagen kollegialen Arbeitsweise ist das schwarze Relief (‚Rhythm‘), entstanden aus einer Bretterverschalung, in die Wind und Wetter bereits tiefe Rillen gekerbt hatten. Dieses vorgefundene Muster wird bildhauerisch verstärkt, danach durch Abflämmen strukturell geglättet und verdeutlicht, so dass störende Form- und Farbvariationen eliminiert werden. Offenbar hat ihm diese Arbeit, der man außer bildhauerischer auch zeichnerische, ich meine sogar malerische Qualität zubilligen möchte, so gefallen, dass er das Thema ohne Fundstück-Vorgaben mit Kunststein wiederholt hat (‚Vertical structure‘).
Die Verschmelzung natürlicher und künstlerischer Formen ergibt sich aber auch umgekehrt, indem sich die von einem rohen Materialblock ausgehende freie Gestaltung gelegentlich, ohne dass dies explizit beabsichtigt gewesen wäre, natürlichen Formen annähert. Man ist versucht, in der majestätisch daliegenden Skulptur (‚Opened up‘) einen ungefähr in dieser Form vorgefundenen ausgehöhlten Baumstamm zu vermuten. Das ist aber nicht der Fall – die Formensprache und insbesondere das freie Innere ist hier rein bildhauerisch entstanden. Der Künstler akzeptiert die Fundstück-Assoziation als mögliche Interpretation des Betrachters, versichert aber, dass es die Absicht, einen hohlen Baum darzustellen, nicht gegeben hat.
Einen weiteren Aspekt der erwähnten Vielseitigkeit des Künstlers und seiner Werke wird uns bewusst, wenn wir schlicht abzählen. Es gibt, der Eins entsprechend, den kraftvollen Solitär als Stand- bzw. Liege-Figur (‚Stretched‘, ‚Opened up‘) oder als Wand-Relief (‚Rhythm‘), wobei die selbstbewusste Einheit und Eigenständigkeit durch strenges Schwarz oder Weiß betont wird. Es gibt die eher harmonische, aufeinander bezogene und dadurch mehr in sich geschlossene Zweier-Paarung als Standfiguren (‚Two of a kind‘), als konstruktives Ensemble ( ‚Uplifted‘- „angehoben“ ist der Titel der Assemblage, die das Konstruktionsprinzip Last und Stütze der griechischen Tempel-Architektur aufnimmt und variiert) und zweimal als Doppel-Wandrelief (‚Marks‘, ‚Vertical structure‘). Schließlich entdecken wir auch die Dreier-Kombination, allerdings nicht als Anordnung separater Werkteile, sondern als Dreifach-Gliederung von Einzel-Objekten. Sie bestimmt die streng geformten, kubistisch anmutenden Bodenarbeiten (‚Connect‘, ‚Opponents‘) und besonders überzeugend die brandgeschwärzte Stele (‚Balance‘). Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich in dieser Arbeit die Statik der scheinbar sicher aufsteigende Stapelung und die Dynamik des möglichen Abgleitens der bereits leicht gegeneinander verschobenen Bausteine die Waage halten. Sehr suggestiv ist der Titel „Balance“ dieser Arbeit. Das Motiv der beherrschten, in der Statik des bildhauerischen Produkts eingefangenen Dynamik finden wir mehrfach, auch in den Titeln: „Stretched“ benennt das Aufstreben der geschwungen zusammengeführten Flächen, „Opponents“ und „Connect“ das kooperative Miteinander und zugleich antagonistische Gegeneinander der Teilformen.
Große Aufmerksamkeit widmet der Künstler den Oberflächen. Wir entdecken erneut sowohl natürlich Belassenes als auch künstlerische Bearbeitung wie z.B. polierter Flächen (‚Off balance‘), die aber die Anmutung natürlicher Flächen auch partiell regenerieren kann, wie bei dem Marmor-Solitär (‚Stretched‘), dessen geglättete Oberfläche durch Körnung nachträglich wieder aufgeraut wurde. Der visuelle Eindruck der Oberflächen ergibt sich, ohne zusätzliche Einfärbung, aus dem Material selbst und dessen jeweiliger Bearbeitung. Das trifft, trotz des sehr drastisch modifizierenden Eingriffs, auch für das durch Flämmung intensiv geschwärzte Holz zu. Gelegentlich wird der allein materialbestimmte Eindruck durch Wachsauftrag intensiviert. (…)
Aus der Einführung zur Ausstellung ‚…lassen‘ von Jan Douma und Nora Jacobi im Depot K am 9.Jauar 2015
ZEITUNGSARTIKEL:
„Bildhauersymposium: Besucher gehen auf Tuchfühlung mit den neuen Skulpturen im Mettnaupark“ – Gerald Jarmusch, Südkurier, 21.05.22
„Ein Krokodil lauert im Farbsee“, Kunst in Kürze: Kunstverein Kirchzeiten und Kunstforum Hochschwarzwald – Hans-Dieter Fronz, Badische Zeitung, 18.05.22
„Spielereien mit vertikalen Flächen und mit Kanten“, Ausstellung ‚Resonanzen‘ im Kunstforum Hochschwarzwald – Thomas Biniossek, Badische Zeitung, 03.05.22
„Kommunikation der Teile“, Ausstellung ,Counterparts‘ im Spritzenhaus, Kunstverein in Bahlingen – Hans-Dieter Fronz, Badische Zeitung, 10. Juni 2021
„Gegenstücke in Malerei und Bildhauerei“ , Ausstellung ,Counterparts‘ im Spritzenhaus, Kunstverein in Bahlingen – Christiane Franz, Badische Zeitung, 27. Mai 2021
„Suche nach einer einfachen Formensprache“, Porträt Bildhauer und Maler Jan Douma, Kaiserstuhl – Eva Buchholz, Badische Zeitung, 15. Mai 2021
„Das gleißende Licht Kaliforniens“, Kunst in Kürze: Galerie Kralweski, Künstlerwerkstatt L6, Galerie Claeys, Freiburg – Herbert M. Hurka, Badische Zeitung, 19. September 2019
„Ein kontrastreiches Miteinander“, Ausstellung ,Paperart und Kultur‘, Ina Kunz und Jan Douma, Galerie Menzel, Kenzingen – Ilona Hüge, Badische Zeitung, 19. September 2018
„Lebenslinien und Raumkontakte“, Ausstellung ,‘Transition‘, Barbara Seifried und Jan Douma, Platform 3/3, Friedrichshafen – Elfi Braschel, Südkurier, 9.Juli, 2015
„Das Zusammenspiel der Dinge“, Galerie Krüger, Koblenz zeigt umfassende Einzelschau des Künstlers Jan Douma, ,In between‘ – Christian Bleibaum, Rheinzeitung, 31. Juli 2014