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Dr. Anette Hoffmann – 2024, Freiburg i. Br.

(…) Wenn man den Titel der gemeinsamen Ausstellung „Zwischenraum“ auf die Skulpturen Jan Doumas bezieht, wirken ihre Oberflächen erst einmal wie eine Abgrenzung gegenüber dem Raum. Unabhängig vom jeweiligen Material sind diese Oberflächen grundsätzlich nicht porös genug, um einen Austausch mit der Umgebung zu ermöglichen. Man sieht die Arbeitsspuren auf dem Holz, Basalt oder Granit. Das satte Schwarz mancher Arbeiten entsteht, indem Jan Douma das Holz von Eiche, Kirsche oder Robinie flämmt und im Anschluss mit Wachs behandelt. Die jeweilige Arbeit scheint dabei an Materialität und Dichte zu gewinnen. Der Künstler, der 1966 in den Niederlanden geboren wurde, versteht das Absengen des Holzes durch das Feuer als eine Form der Konzentration. Material, das sich verwandelt, muss sich nicht unähnlich werden. Es kann sein, dass ein Stück Holz, das beim Bearbeiten ungewöhnlich widerständig war, auch unter dem Einfluss des Feuers so reagiert. Die Flamme ins Spiel zu bringen, bedeutet Kontrolle abzugeben. Für einen Moment ist da ein Konflikt zwischen der Natur des Materials sowie des Feuers und der Kunst. Solange bis das Feuer erstickt ist.

„Ich gehe abstrakt mit einem menschlichen Thema um“, sagt Jan Douma. Man könnte dies, wie der amerikanische Soziologe Richard Sennett, auf die Hand selbst zurückführen: „Die sozialen Konsequenzen sind in die Struktur und Funktionsweise des menschlichen Körpers gleichsam eingebaut, ganz wie in die der menschlichen Hand. Ich behaupte nicht mehr und nicht weniger, als dass die Fähigkeiten unseres Körpers im Umgang mit materiellen Dingen dieselben sind wie jene Fähigkeiten, auf die wir uns in sozialen Beziehungen stützen.“

Douma stiftet Beziehungen, indem er Teile eines Ganzen zusammenbringt. Manchmal wartet er bis die Steine oder die Holzstämme ihr Pendant gefunden haben. Gewicht und Form der Teile müssen einander nicht ähnlich sein, aber zusammen ein Gleichgewicht erreichen. So dass sie sich mit einfachen Steckverbindungen oder Metallmanschetten zusammenfügen lassen oder auch frei nebeneinander stehen oder aufeinander liegen. Titel wie „Clan“ erzählen von Verwandtschaften. Übergänge und Verbindungen ergeben sich auch, wenn die Arbeiten aus mehreren Segmenten bestehen. Besonders spannungsreich ist, wenn es zur Fugenbildung kommt. Fugen lassen nicht nur die Farbe anders wirken, sondern verändern auch leicht die Ausrichtung der Skulptur. 

Über den Zeitraum mehrere Jahre kehrt Jan Douma immer wieder zu bestimmten Titeln zurück. Gleichnamige Arbeiten, die durchgezählt werden, bilden vielleicht weniger Werkgruppen als dass sie Ideen einer Arbeit formulieren. „In between“ etwa gibt es mehrfach. Hier wäre er also wieder der Zwischenraum. Während „Leaning“, „Connect“ sowie „Close“ beschreiben, wie sich die Teile zueinander verhalten. Sie lehnen aneinander, werden verbunden oder sind durch Distanz und Nähe zueinander charakterisiert.
Nachdem die Form herausgearbeitet ist, stellt Jan Douma die Teile eines Werkes zueinander in Beziehung und vervollständigt sie. Für diese Tätigkeit braucht es keine Maschine, kein Werkzeug mehr, nur die Hand. Dieses Setzen, aneinander Lehnen und Stellen ist unsere Art, Dinge zu begreifen, den Raum um und zwischen ihnen. Es ist unser tätiges Denken. 

Laudatio zur Ausstellung ‚Zwischenraum‘ – mit Simone Rosenow im Radbrunnen, Breisach, 2024

Herbert M. Hurka – 2022, Freiburg i. Br
Skulptur, Raum und das Flair des Materials

In den schlanken leicht unregelmäßig behauenen Korpus einer hoch aufragenden Skulptur ließe sich eine Hebefigur zweier Körper hinein deuten. Spontan mag der Titel „Hoch hinaus“ den Anschein erwecken, als wiederholte er nur, was man ohnehin sieht, realiter aber greift seine Bedeutung weiter aus und erschöpft sich keineswegs in einer sprachlichen Verdopplung des Gegenstandes. Will jemand „hoch hinaus“, so geht es um Ambitionen und Erfolg. Dasselbe metaphorische Spiel trifft zu auf „Leaning“ (2018) eine Skulptur aus einer grob behauenen Granitstele, die ihrerseits eine doppelt hohe Strebe aus geflämmter Eiche stützt. Wie der Titel („Sich“) „Anlehnend“ wörtlich die Form der Skulptur wieder gibt, so leicht macht es die dualistische, paarhafte Anordnung der zwei Teile einer anthropomorphen Projektion, die die Materialien vergessen lässt und sie überschreibt, als „bedeutete“ das Werk tatsächlich zwei sich aneinander lehnende Figuren.

Ebenfalls sich stützend, aber wie nach dem Chaos eines Zusammenstoßes in einem labilen Gleichgewicht, führt die aus einem Mamor- und einem Diabasblock gebaute Skulptur „Collision“ ein in weitläufigeres Assoziationsfeld als „Leaning“. Obzwar die Form beabsichtigt ist, die Steine folglich in einer Schräge stehen, zeigen sie ganz offenbar eine Schieflage. Auch in dem Fall beinhaltet der Titel mehr als nur das Verhältnis dieser zwei Objekte zueinander. Vorstellbar wäre, dass zwei Meinungen zusammenprallen, wenn nicht gar Weltbilder, veranschaulicht mit dem Gegensatz von Marmor und Diabas, dem Schwarz-Weiß-Reflex des rudimentärsten Wahrnehmungsschemas. Doch mit dem Konstrast aus dem einerseits edlen aber weichen Marmor und dem unspektakulären, dafür harten Basaltgestein Diabas beschreibt „Collision“ nicht zuletzt auch den Zuschnitt der Skulptur selbst. Buchstäblich in der Schwebe jedenfalls bleibt, ob – frei nach einem bekannten Goethevers – Schwarz halb zieht oder Weiß halb niedersinkt. Während sich die Titel der fast geschlossenen Formen von „Intimate“ und „United“, der prekären Gleichgewichte von „Take off“, „Verlass“, „Wightless“ und „Balance“ in derselben Art weiter denken ließen, lenkt „In between“ die Aufmerksamkeit auf die Leere zwischen drei aufstrebenden Pfählen aus Kirschholz, wie dasselbe für „Hollow“ gilt, den von einer Rundung umschlossenen Hohlraum.

Jan Douma begreift sich in erster Linie als Bildhauer. Seine physische wie auch intuitive Beziehung zum Skulpturalen erklärt sich aus einem profunden Bewusstsein und untrüglichen Gefühl für Körper und Raum, dafür, wie Kunstobjekte einander beeinflussen, sich nicht nur im Raum verhalten, sondern ihn verändern, indem sie Umgebungen prägen. Was diese Bedingungen betrifft, bewegt sich Douma in einem klassischen, d.h., aus der Antike tradierten Skript, indem er den Raum vom Körper her begreift. Skulpturen objektivieren sich als Konstrukte aus Masse und Statik – doch das nicht allein. Bei den megalithischen Skulpturen, zu deren Einheit mehrere Komponenten fusioniert sind, erweitert sich das Medium mit dem negativen Raum um ein für die Moderne charakteristisches Paradigma, wie es das ZKM Karlsruhe 2019 in einer umfassenden Schau demonstriert hat. In einer ausufernden Ausstellung thematisierten hunderte Exponate die moderne Skulptur in ihren Beziehungen zu vielfältigen Raumkonstellationen: Freiräume, Um-, Hohl-, Zwischenräume bis hin zu virtuellen Räumen. Genau in diesem Kontext sind – und dies keineswegs nur in Ausnahmfällen – Doumas Arbeiten anzusiedeln. Wie bei dem durch seinen Titel spezifizierten „In between“ sind Leer- und Zwischenräume, Abstände oder Intervalle als gleichrangig mit den materiellen Konditionen Masse, Statik und Gravitation zu bestimmen. Die körperhafte Materialität definiert die Leerstellen, wie diese in reziproker Bindung die materiellen Formen mitmodellieren.

Als konträr zu den Leerstellen wäre die Vereinheitlichung zweier ursprünglich grundverschiedener Konstituenten zu betrachten: der Sockel und das, was er inszeniert. „Black on black“ – ähnlich auch das pigmentierte „Take off“ – bringen eine kunstimmanente Note in den formalen Aufbau. Zwar bleibt die einstmalige Differenz zwischen traditionellem Unterbau und Figur als Fuge sichtbar, doch beide Arbeiten dekonstruieren den Sockel, werten ihn um und auf zu einem autonomen Teil der Skulptur. Exemplarisch verschmilzt bei „Black on Black“ die in dieser Weise umfunktionierte Basis aus schwarzem Diabas mit einem lang gezogenen Quader aus geflämmter Kirsche zu einem einheitlichen Körper.

Je nach Auswahl und Beschaffenheit der jeweiligen Komponenten wirft ein reduktionistisches System in der Art einer grammatischen Grundstruktur eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten aus. Die kompositorische Beschränkung auf zumeist zwei bis drei Elemente, zeitigt eine enorme Freiheit in der Materialwahl. Unter den vorgeordneten Oppositionen natürlich:künstlich bzw. organisch:anorganisch kombinieren sich Holz mit Stein, Holz mit Holz, Stein mit Stein, gelegentlich auch mit Eisen oder Beton. Diese Patterns wiederum differenzieren sich nach den Bearbeitungsmethoden weiter aus in behauenen Stein, gemeißeltes Holz, geformtes Eisen oder gegossenen Beton mit den charakteristischen Strukturen, die sich in den haptischen Eigenschaften der Oberflächen äußern und die den Materialien immanente Ästhetik ans Licht bringen.

Wie einfallsreich Douma gerade seine paarigen Konstruktionen zu variieren versteht, zeigt der Gebrauch von geflämmtem Holz. Mit einem Propangasbrenner wird der zu behandelnde Rohstoff nicht nur geschwärzt, sondern zuweilen angezündet, um anschließend gelöscht zu werden. Neben dem Arrangement der Formen betont diese besondere Materialbehandlung nicht wie bei den naturbelassenen Werkstoffen allein die Oberflächenstrukturen, sondern auch die Farben, deren Zusammenspiel als ein ein weiterer künstlerischer Input an Bedeutung gewinnt. Mit sicherem Gespür bringt Douma die Kolorits der Materialien zur Entfaltung: das gesprenkelte Grau des Granits, den zurückhaltenden Braunton des Eichen- oder warmen Rotstich des Kirschholzes. Gleichwohl bewirkt die minimalistische Konzeption quasi aus sich heraus, dass die oft nur zwei miteinander in Beziehung tretenden Farbtöne sich gegenseitig intensivieren. Dieser Effekt steigert sich, wenn die Entscheidung zu den unbunten Farben, zu den auch als Nichtfarben bezeichneten Schwarz und Weiß tendiert. Wo die Interaktion des dunklen Diabas mit hellem Marmor als extremer Kontrast anfällt, eröffnet sich mit dem geflämmten Holz ein neues Register, denn außer einer samtigen Oberfläche erzeugt das Pigment einen zusätzlichen Reiz. Als ein geglücktes Beispiel für ein atmosphärisches Flair beeindruckt „Clan“ (2020). Ein wichtiges Merkmal der Verkohlung zeigt sich darin, dass weder die Beschaffenheit des Materials im Vordergrund steht, noch seine Farbe und ebenso, dass das Pigment nicht auf einen Farbträger aufgebracht ist, sondern hergestellt ist. Als Produkt der Transformation einer natürlichen Substanz und einer chemischen Umwandlung wird es zu einem authentischen Stoff mit einer für Doumas Œuvre innovativen Mikrostruktur. Mit „Equal“, „United“, „Intimate“, „Leaning“, „Clan“ und „Black on Black“ sind es, wenn auch mit diversen Vorläufern, vor allem die neueren Arbeiten (2019-2021), die man zu einer Schwarzen Serie zusammen fassen könnte.

Was in der Skulptur nicht aufgeht, leisten die Gemälde. Die in vertikalen Parallelen verlaufenden Farbstreifen sind das Formprinzip einer eigenen Bildergruppe. Als Fortsetzungen der Skulpturen in einem zweiten Medium unterliegen Doumas Öl- oder Acrylgemälde ebenfalls einer reduktionistischen Ordnung. Die Flächigkeit, mit der sie auf den ersten Blick gegenüber den dreidimensionalen Werken weniger komplex erscheinen mögen, bietet jedoch eine Plattform für den schier unendlichen Nuancenreichtum der Farbe. Als Referenzbild ließe sich „Afterglow“ („Nachglühen“, 2021) befragen. Die Farbtemperatur der fast streng geometrischen Reihenfolge der dunkelroten, braunen, und schwarzen Bahnen unterbricht ein helles, Richtung Rosa tendierendes Band, das sich mit seiner unregelmäßigeren Textur von den gleichmäßig gemalten Streifen auffällig abhebt und mit seiner Lichtwirkung das Bild in zwei Zonen teilt. Zusätzlich deutet sich eine Verschiebung zu einem illusionistischen Raum an, so als öffnete sich im Vordergrund ein Vorhang. Mit dem Titel „Afterglow“ und ausschließlich warmen Farben erhält das Bild eine Bedeutung, die auf eine Realität außerhalb verweist, sodass es, obwohl abstrakt und geometrisiert dem Augenschein entgegen nicht der Konkreten Kunst zugeordnet werden sollte. Prägnanter wird die Bildfläche von „Interference“ (2021) durch den Kontrast zwischen warmen und kalten Farben aufgeteilt, während auf „Night and Day“ (2021) kalte und warme Farben offensiv gegeneinander gesetzt sind. Dass solche Polaritäten konzeptionell angelegt sind, macht sind, drückt explizit der Titel „Black vs. white“ (2019) aus, einer Komposition, auf der die der Streifen aus ihrer geometrischen Ordnung ausscheren.

Jan Douma artikuliert sich, wie er selbst sagt, „parallel“ in beiden künstlerischen Medien, d.h., gewisse Wechselbeziehungen können sich schon im Produktionsprozess abzeichnen. Ein melierter mit Schwarz kombinierter Grauton in Acryl wiederholt sich später in einer Skulptur aus Granit und geflämmter Eiche, oder eben auch umgekehrt, dass der sympathische Rotstich des Kirschholzes in den warmen Abtönungen eines Ölgemäldes wieder auftaucht. In diesem Wechselverhältnis ließe sich die Malerei analog zur Mathematik als Ableitung der Bildhauerei klassifizieren, Übersetzung von 3D in 2D, wie stets auch in die Gegenrichtung, wo Malen die Bildhauerei inspiriert. Dieses Hin und Her zwischen den Metiers beschreibt der Künstler selbst als „Mäandern“. Dass er anstatt auf laute Effekte zu setzen, aus Prinzip gedeckte Farben wählt, deren Intensität sich jedoch einem sicheren Gefühl für Nuancen sowie dem geübten Blick dafür verdankt, was womit kombinierbar ist, entspricht den zurückhaltenden Materialfarben der Skulpturen. Die organischen Übergänge, Überschneidungen und Interferenzen zwischen beiden Bereichen sind die Indizien, dass es sich, ganz gleich, ob gemalt oder gemeißelt, um einen schlüssigen, einer konsequenten Logik verpflichteten Kunstkosmos handelt.

Auch wenn sich aus einem zwar entschieden reduktionistischen Ansatz ungeahnte Spielräume eröffnen für Kombinationen, Variationen, Transformationen, Oppositionen, hält sich gleichwohl ein zentrales Moment durch. Wie nämlich die eingesetzten Elemente, die kreativen Spielsteine Bindungen erzeugen – sei es in paarweiser Ordnung, formiert zu einer Gruppe wie dem „Clan“ oder als sich vergesellschaftende Farben – „beleben“ sie sich in einem erweiterten Sinn zu Akteuren, die nur der einen, nämlich den Menschen als solchen kennzeichnenden Intention folgen, Beziehungen aufzubauen, zu interagieren und zu kommunizieren.

Dr. Antje Lechleiter – 2022, Freiburg i. Br.

Jan Douma. Skulptur und Malerei

Stein, Holz, Beton und Eisen in der Skulptur, Öl und Acryl in der Malerei – Jan Douma arbeitet mit ganz unterschiedlichen Werkstoffen und künstlerischen Verfahren. Dennoch hängt bei dem Künstler alles mit allem zusammen.

Doumas Skulpturen verfügen durchgehend über eine große formale Klarheit und sie verhandeln Themen, die in der Bildhauerei zentral sind: Tragen und Lasten, Bewegung und Statik, Ruhe und Balance. Darüber hinaus pendelt der Künstler zwischen verschiedensten Erscheinungsformen, seine Arbeiten changieren im Wechsel von weich und hart, ihre Oberflächen sind sowohl bearbeitet als auch unbearbeitet, neben flächigen Partien finden sich vollrunde, körperhafte Volumen. Dazu sagt der Künstler, dass es ihm in seinen Werken um das „Nachspüren vom Zusammenspiel zwischen Form, Material und Oberfläche“ geht. Seine Werke entstehen prozesshaft, im Tun, Vorstudien macht er nur selten und wie er selbst sagt, versucht er eine „Offenheit zu bewahren und auch Unfertiges, Zufälliges und Fehlerhaftes zu integrieren“. Aus seinem minimalistischen Umgang mit Material resultierte ein Arbeitsprozess, der weniger das Meißeln und Modellieren der traditionellen Bildhauertätigkeit in den Vordergrund stellt. Der Fokus seines künstlerischen Tuns liegt auf Vorgängen wie Lehnen, Legen und Stapeln.

Auf figürliche Aspekte verzichtet Douma, denn er will die Welt nicht abbilden, sondern sucht über die Präsentation seiner Formungen und Formbezüge zu einer emotionalen Aufladung von Körper- und Raumerfahrung zu gelangen. Angesichts der drei Arbeiten „Equal“, „Initmate“ und „United“ kommt man nicht umhin, an die Verkörperung menschlicher Daseinsformen zu denken. Aus geflämmtem Eichen-, beziehungsweise Eschenholz bilden sich hier verschiedene Formen von Dualität ab. Zwei Stelen ragen nebeneinander auf („Equal“), zwei weitere schmiegen sich innig aneinander („Intimate“) und das dritte Paar vereint sich zu einem Stück („United“). Das Thema der Begegnung und Interaktion scheint überdies in den Werken „Clan“ und „Clan II“ auf. Die Arbeit „Hollow“ aus geflämmtem Kirchbaumholz zählt ebenfalls zu diesen Werken, die als Metaphern zu verstehen sind und die Idee des Lebendigen, Wandelbaren repräsentieren. Den genannten Arbeiten ging die große Installation „Waiting“ von 2015 voraus, die zuerst im Bürgerpark Waldorff-Mörfelden zu sehen war. Mehrere weich geformte Stelen aus Beton unterschiedlicher Größe,  die in stark abstrahierter Form den Charakter von Stehenden besitzen, traten hier zu einer lockeren Gruppe zusammen. Während des Nähertretens setzt der Betrachter sich und seine eigene Körpergröße in Bezug zu den zwischen 1,75 und 2,30 Meter hohen Arbeiten, und das Ausloten dieses Verhältnisses führt Körper- und Raumerfahrung zusammen. Überwiegend entstehen formal noch weiter reduzierte Werke, bei denen nun Darstellung und Dargestelltes zusammenfallen. „Weightless“, „Collision“ und „Uplifted“ sind vollkommen abstrakt und leben vom Zusammentreffen zweier, nichthierarchisch angeordneter Einzelelemente unterschiedlicher Materialität. Sie laden dazu ein, mit den Augen über ihre Oberflächen zu tasten und verschiedene Farbnuancen und Strukturen wahrzunehmen. Dabei entsteht ein Dialog über dieGegensätze und Gemeinsamkeiten der beiden Partner. Genaugenommen handelt es sich sogar um einen Trialog, denn es tritt noch ein weiterer Gesprächspartner hinzu: Douma geht es nicht nur um die Formungen aus Marmor, Gneiss, Diabas und Kalkstein, sondern auch um den Raum zwischen ihnen, welcher den Charakter der Anordnungen gleichermaßen prägt. Bei den drei genannten Skulpturen ruhen die Steine auf- beziehungsweise lehnen aneinander. Damit tritt ein zeitlicher Aspekt hinzu, denn es entsteht ein Moment der Berührung, ein Verharren innerhalb einer instabilen räumlichen Situation. Diese Skulpturen entzünden sich an jener kleinen Stelle, an dem die beiden Steine aufeinander treffen. Ein ähnlicher Gedanke ist den beiden Arbeiten „Leaning“ und „Transition“ eingeschrieben. Auch sie funktionieren über eine einfache Geste, nämlich über die Berührung eines grob bearbeiteten, kompakten Granitblocks mit einer geflämmten Eichenholzstele. Auch hier geht es nicht nur um das materiell Vorhandene, sondern auch um das „Dazwischen“, also den „Leerraum“. Das Interesse des Betrachters verlagert sich damit von den Arbeitenselbst auf ihre Beziehung zum umgebenden Raum, also auf den Kontext. Die Interaktion zwischen Innen- und Außenraum ist auch Thema der beiden röhrenförmigen Betonskulpturen „Captured“ und „Intimate space“. Hier erkundet der Künstler wie mit den Mitteln von Skulptur Raum erfahrbar gemacht werden kann. Die vertikale Öffnung in der Außenhaut der hohlen, säulenartig aufragenden Skulpturen erweckt das Verlangen, sich in das Innere vorzutasten, sich quasi in ihre Tiefe zu vertiefen.

Legen, Lehnen, Stapeln – nicht der vehemente Eingriff in das bildhauerische Material sondern die Reduktion auf einfache Handlungen sind ein stetig wiederkehrendes Motiv innerhalb seines Oeuvres. Genannt wurden bereits Werke („Leaning“ und „Transition“), in denen einzelne Gestaltungselemente durch ihr Aneinanderlehnen miteinander verbunden sind, bei „Upright angle“ von 2015 liegt nun ein alter, vorgefundener Eichenholzbalken neben einer aufrecht stehenden Granitstele. Desweiteren existiert eine ganze Reihe von Werken, die mit der Stapelung von Modulen arbeitet. In „Counterparts“ ruht ein zungenförmiges Objekt aus schön gemasertem Olivenholz auf einem ähnlich geformten Partner aus tief schwarzem, geflämmten Eschenholz. Bei „Black on Black“, 2020 steht ein Block aus schwarz geflämmtem Kirschbaumholz auf einem mindestens ebenso schwarzen Diabasquader. Aus drei aufeinandergeschichteten Elementen besteht die Betonskulptur „Verlass“, 2018. Das so errichtete Gebilde verharrt allerdings keineswegs statisch, ihm wohnt eine lebendige, spielerische Leichtigkeit inne. An diese Stapelung schließt sich die 2021 aus Spritzbeton gefertigte, 1,85 m hohe Arbeit „Take off“ an. Übereinander gestellt wurden hier allerdings nur zwei Elemente: Auf einer stabilen, kurzen Basis erhebt sich ein langgestrecktes, fingerartig nach oben weisendes Element. „Take off“ wurde wiederum im Mai 2022 fortentwickelt, als Jan Douma an der vierten Ausgabe des Radolfzeller Bildhauersymposiums auf der Mettnau teilnahm. Für das Thema „Zwischen Erde und Himmel“ entstand die 2,80 m hohe, zweiteilige Arbeit „Hoch hinaus“ aus Eiche. Wieder findet sich ein untere Teil,der eine Art Basis bildet. In diesem Falle nicht aufgestapelt sondern daran angeschmiegt reckt sich ein leicht geschwungenes Holzsegment nach oben. Erneut hat der Künstler ein klares bildhauerisches Konzept umgesetzt und seinen Stamm mit Logik, System und Formökonomie unterteilt. Ziel ist allerdings keine didaktische Eindeutigkeit, sondern eine sinnliche plastische Präsenz, mit der sich das Werk im weitläufigen Außenraum des Parks behaupten kann.

In seiner Malerei arbeitet der Künstler oftmals mit vertikal angeordneten Streifen unterschiedlicher Breite und Farbigkeit. Korrespondierend zu seinen dreidimensionalen Arbeiten treten auch hier die Themen „Begegnung“ und „Berührung“ durch die Verschränkung gegenläufiger Formulierungen in Erscheinung: Bei „Solemn“ oder „Night and Day“ werden die breiten Streifen mit der feinen Spur horizontal angesetzter Pinselstriche verknüpft und auf „Plaza“ zeigt sich, wie tiefer liegende Farbschichten an die Oberfläche drängen und in das Geschehen eingreifen. Über das Auf- und Abtragen vieler Farbschichten entsteht eine austarierte Farbstimmung, die auch eine starke räumliche Wirkung entfaltet. Die Anordnung und Ausrichtung seiner leicht aus der Geometrie herausgerückten und partiell übereinander gelegten Farbbänder erzeugt dabei eine lebendige Schwingung, einen Moment des Überganges innerhalb einer vollkommen abstrakt gemeinten Räumlichkeit. Minimalistisch wie seine Skulpturen ist auch die Komposition dieser Streifenbilder. Indem die Bänder aber nicht ganz parallel verlaufen, verweilt das Auge des Betrachters und bekommt ein Gefühl für die Relation und den lebendigen Dialog zwischen den Formen und Farben. Auch in seiner Skulptur „In between“ von 2008 stehen die hoch aufragenden Balken nicht ganz parallel, sie sind leicht in sich verdreht und erfüllen die Skulptur mit vitaler Kraft. Vergleichbar der unterschiedlichen Oberflächenbehandlung seiner dreidimensionalen Werke wechselt auch in den Gemälden die Art der Behandlung des Gestaltungsmaterials: Neben einem eher gestischen Duktus mit starker Strukturierung findet sich ein glatter, jegliche Handschriftlichkeit tilgender Farbauftrag. Wie die Titel der Skulpturen sind jene der Gemälde oftmals ähnlich sprechend, sie werden assoziativ am Ende des jeweiligen Arbeitsvorganges gefunden und sind keineswegs als Erklärung gedacht.

Angesichts der klar strukturierten Streifenbilder mag man von Gemälden wie „Encounter“, „Ambivalent“ oder „Black vs white“ überrascht sein. Hier dominieren geschwungene, organisch ineinander übergehende Partien deren Farbigkeit einzelne Bildabschnitte öffnet und andere schließt. Doch auch hier ist die Nähe zu den dreidimensionalen Werken unübersehbar, denn das, was in der Malerei auf der Fläche verzahnt ist, klappt in den Objekten um und spannt einen Raum auf. Sehr deutlich offenbart sich diese Verwandtschaft im Vergleich des Gemäldes „Ambivalent“, 2019 mit der zweiteiligen Skulptur „Uplifted“. Eine verbindende Position zwischen diesen gerundeten Formungen und den Streifenbildern mag ein unbetiteltes Gemälde von 2020 einnehmen. Es zeigt ein rötliches Band neben kantigen, aber eng miteinander verzahnten Formen. Eine ruhige, fast minimalistische Gestaltung und ein perfekter Partner der ähnlich kompakt gefügten Skulptur „Clan“ selben Jahres

.“Interference“ heißt eine quadratische Arbeit von 2021, wie durch einen leicht geöffneten Vorhang gewährt sie einen Blick auf eine hintere Ebene. Ein programmatisches Bild, denn diese „Interferenzen“, also diese Überlagerungen und Überschneidungen liegen exakt in dem geheimnisvollen „Dazwischen“, das die Skulptur und Malerei von Jan Douma sichtbar macht.

Katalogtext ‚Interference, Jan Douma – Skulptur und Malerei‘, modo-Verlag, 2023

Andrea del Guercio – 2022, Mailand

Meine Vertrautheit mit der Skulptur, mein Studium und die ständige Betrachtung der Skulpturformate und -materialien haben mich sofort in Übereinstimmung mit Jan Douma und mit den Präsenzen gebracht, die sein Atelier bestimmen, verborgen und diskret in der Umgebung des alten Burgheims eingebunden.

Ab dem Eingang empfangen mich stille Monolithen, wie Präsenzen-Zeugnisse, welche die Zeit „korrodiert“ hat, ohne in der Lage zu sein sie auszulöschen, sofort eine raue Bearbeitung hervorhebend, welche das Ergebnis einer expressiven Gewandtheit sind, die mit dem Ziel arbeitet, eine intensive ästhetische Dimension zu erreichen, weit weg von jedem Überfluss, durch Reduktion ausgeführt, frei von Zwischentönen, um wirklich durch Sensibilität  ausdrucksvoll zu sein.

Im Hof erfasst ein weiterer aus dem Gleichgewicht geratener Monolith links unseren Blick, bevor wir in den Raum kommen, wo wir auf eine Reihe von Skulpturen treffen die durch den „Dialog“  zwischen Stein und Holz gekennzeichnet sind; rechts, wie Tafeln, die die Spuren der Zeit „still erzählen“, steht eine plastische Oberfläche, die von einem Zeichen durchzogen wird, das die starre Substanz des Betons ritzt und durchquert und einen andächtigen lyrischen Satz suggeriert.

Im Atelier hat Jan Douma eine Reihe von Skulpturen installiert, die durch die Beziehung zwischen dem Granitmonolith und Eichenholz geprägt sind, in denen die Rauheit und Strenge seiner Erforschung intakt durchdringt. Während der Stein mit der Stabilität seines Gewichts „unterstützt“, lehnt sich das Baumfragment an und wird in einer vertikalen Linie freigesetzt; während die grobe Physikalität des Dolmen von der Erde „spricht“, „erzählt“ das hölzerne Artefakt von der Landschaft; während der eine rau behauen ist und sich mit der kompakten natürlichen Pigmentierung der Grautöne durchsetzt, reagiert das andere mit der „verbrannten“ Partinierung des Holzes, so sorgfältig bearbeitet, das es die perfekte Dimension der Epidermis erreicht.

Im Inneren Jan Doumas’ kreativen Lebensraumes, den artikulierten Dialog, der zwischen Gegenständen, Gemälden und Papieren fließt beobachtend, nehmen wir die Ausbreitung einer Idee wahr, Skulptur zu schaffen, um der metaphysischen Stimme und Substanz zu verleihen; die „Stille“ scheint der „roten Faden“ zu sein, der die verschiedenen, aus der Bearbeitung entsprungenen Themen miteinander verbindet, in deren Größe und Substanz wir aufgenommen werden, bis wir fähig sind, einTeil davon zu sein, bis wir ihre „Stimme“ wahrnehmen und hören, die zwischen die Materialien, zwischen Gegenständen und Oberflächen flüstert, von Grau- über Schwarztönen bis hin zu Farbakzenten – und fähig sind deren raue Energie zu teilen.

(Katalogtext Kaleidoskop Freiburg, 2022, erschienen zur Anlass der Ausstellung in Museo Irpino in Avellino /IT)

Jan Blaß – 2020, Kirchzarten

(…) Beginnen wir mit der Zweier-Gruppe aus dem Jahr 2019, die auf der Einladungskarte abgebildet ist. Ein Paar voller Gegensätze: der nur halb so große, aber deutlich massigere, mit Keilen gebrochene Granitblock hat eine schräg zugehauene Standfläche, sodass er steht, als lehne er sich an das fast doppelt so hohe, schwarze Eichenholzbrett, das aber ebenfalls schräg gegen den Granitblock gelehnt ist. Der Titel „Leaning“ unterstreicht diesen Eindruck. Die Dreiviertelansicht des Fotos lässt das Brett sehr massig aussehen, zumal seine Oberfläche durch die Verkohlung mit einer Gasflamme so dunkel ist, dass es das Gewicht des Granitblocks mit Leichtigkeit zu stützen scheint. Geht man aber im Raum um die Gruppe herum, spürt man immer deutlicher, wie schlank das Brett und wie fragil sein Stand auf schmaler Kante ist. Es berührt den Granitblock überhaupt nur an einem einzigen vorstehenden Kristall, hauchzart, als sei es aus Balsaholz.

Wer lehnt hier also an wem, die Kraftverhältnisse des Stützens und gestützt Werdens verändern sich offenbar auf paradoxe Weise, je nach Standort und Perspektive des Betrachters und auch, je nach der Position der Plastik in diesem Gebäude. Die Position, die Jan Douma „Leaning“ gegeben hat, ermöglicht auch ein reiches visuelles Spiel mit den unterschiedlichen Stützen im Hintergrund, wenn man über die Rampe herauf kommt. (…)

Es gibt 3 Objekte von ihm, die ganz aus Holz sind: „Counterparts“ (2019) besteht aus zwei hölzernen Gegenspielern, die wie Ober- und Unterkiefer eines Walfisches aufeinanderliegen. Durch das Ineinandergreifen der beiden konvex gewölbten Formen am einen Ende im Kontrast zu den beiden sich zuspitzend auseinander strebenden Wölbungen unter einer flachen Oberseite am anderen Ende kann ein Vorne und ein Hinten entstehen. Die flache Oberseite des oben liegenden Teiles aus glatt poliertem Olivenholz ist dabei so geformt, dass im Holz eine wunderbare Durchdringung von zwei quer zueinander verlaufenden Maserungen sichtbar wird. Als würde eine Kette aus sehr kleinen Wellen über die Oberfläche eines flachen Sees laufen. Dagegen hat das untere Objekt durch die verkohlte Oberfläche, die leicht mit Öl geglättet wurde, eine samtig opake Haut ohne jede Tiefe.

„Coherence“ (2019) im Eingangsbereich ist deutlich erkennbar aus drei separaten Stücken Nußholz zusammen gesetzt, die alle drei als unterschiedlich proportionierte, vertikal gestreckte Kuben mit Stecheisen aus dem Stamm geschnitten sind. Danach aber sind sie mithilfe einer weiteren Nußholzleiste als Feder in der Standfläche miteinander verbunden worden und bilden so in der Summe eine ganz neue Form, die in der Seitenansicht deutlich flacher ist, als die blockhafte Frontansicht vermuten ließe.

„Sharp-edged Turn“ (2009), die „scharfkantige Abbiegung“ ist aus einem sehr alten, rissigen Holzbalken mit quadratischem Querschnitt gemacht, von dem drei Stücke abgeschnitten und neu zusammen gesetzt wurden. Dabei erkennt man den ersten Abschnitt nur an der geringeren Höhe, die eine formale Irritation an diese Stelle setzt. Er scheint mit dem stehenden zweiten verwachsen, ist aber tatsächlich angefügt und so exakt an die rissige Seitenfläche angepasst, dass man ohne den Höhenunterschied gar nicht merken würde, dass es zwei separate Stücke waren. Der dritte Abschnitte ist der längste und er ist nicht als Abschluss einer aufsteigende Reihung vertikal hinzugefügt sondern horizontal gelegt. Dadurch formt er mit dem ersten Abschnitt eine Raumecke mit zwei rechten Winkeln.

Das formale Gegenstück dazu ist „Connect“ (2011) aus Granit. Hier bilden zwei Granitblöcke eine Ecke, ohne aber miteinander verbunden zu sein. Der längere Block ist dabei mit dem Spitzeisen, das vertikal aufsteigende, lineare Spuren hinterlassen hat, so bearbeitet, dass ein Absatz entsteht, als seien hier zwei unterschiedlich große Blöcke zusammengefügt. Man erkennt aber bei genauerem Hinsehen, dass dieser eine, größere Block so gemacht ist, als seien es zwei Zusammengefügte. Beide Arbeiten sind wie Teile von Fundamenten auf flache Sockel in die Fußhöhe des Betrachters gestellt.

„Upright angle“ (2015, EG) bringt dann beide Themen mit liegendem Holzbalken und stehendem Granitbalken zusammen.

Immer wieder geht es also bei Jan Doumas Plastiken aus Stein, Holz und Beton um den Gegensatz von „tragen“ und „getragen werden“, „verbunden“ und „getrennt“, „innen“ und „außen“ und um Irritationen, die unsere Wahrnehmung sensibilisieren. Die Arbeiten entstehen allerdings nicht in diesem stringenten Aufeinanderfolgen, das meine Besprechung suggeriert. Zwischen den vier letzten Objekten liegen bis zu 10 Jahre, dazwischen wendet sich Jan Douma immer wieder der Malerei zu, entsprechend bilden die Acrylbilder auf Leinwand einen mindestens ebenso großen Anteil in dieser Ausstellung.

Auffallend an den Gemälden Doumas sind die klar abgegrenzten Farbformen, aus denen seine Kompositionen bestehen. Und im Unterschied zu Simone Rosenows Gemälden spielt ein Schweben im Raum kaum eine Rolle. Die Farbflächen sind oft monochrom und opak oder es stehen sich monochrome, opake Flächen und transparente, mehrfarbige Flächen gegenüber wie polare Kraftpotentiale, die Douma auf den immer vollständig übermalten Leinwänden malerisch austariert.

Die Titel sind auch hier englisch formuliert, was möglicherweise damit zusammen hängt, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Sicher aber liegt ein Grund darin, dass das Englische die Ambivalenz eines Themas oft besser zum Ausdruck bringt, als das Deutsche. Allerdings haben nicht alle Bilder Titel, weil er nicht immer das Bedürfnis spürt, einen bestimmten Aspekt des Bildes im Titel hervor zu heben.

Nehmen wir als Beispiel „Emerging“ (2016), wörtlich übersetzt „entstehend“, oder etwas freier „Geburt“, dann wird spürbar, dass das eine im Deutschen verkrampft wirkt, das andere schon wieder deutlich eingegrenzter ist, als das englische Gerundium. Das Bild gehört zwar gerade zu den Beispielen mit mehr Räumlichkeit oder gar Schweben im Bildraum. Trotzdem sind die drei Bereiche, das leuchtende Rot in der linken Hälfte, das Orange-Rosa im rechten unteren Viertel und der Bereich heller Töne von Gelb und Grün bis zu klarem Weiß durch die scharfen Kanten der Rottöne sehr klar voneinander abgegrenzt. Die Unterschiede der malerischen Tiefe zwischen dem Weiß und dem Rot sind minimal, die Flächen stehen weitgehend in einer Ebene (bei anderen Gemälden, insbesondere den Streifenbildern auf der 2. und 3. Galerie noch deutlicher) und selbst die atmosphärischen, durchscheinenden Valeurs der rechten oberen Ecke entfalten nicht diese Raumtiefe, die bei Simone Rosenows Malereien immer wieder auftaucht.

Als Drittes kommt bei Jan Douma die Grafik hinzu. Zwei Serien von Holzdrucken sind im obersten Raum der Grafik von Simone Rosenow gegenüber gestellt und durch den Kontrast werden die Eigenarten der beiden Künstler nochmals unterstrichen: das Spiel mit der seriellen Stapelung farbiger und schwarz-weißer Abdrucke von horizontal aufs Papier gesetzten Holzleisten ist viel konzeptueller und strenger als Simone Rosenows impulsives Setzen und Nähen von Zeichen. Man erkennt erst beim genaueren Hinschauen, dass die Spuren mit Holzleisten erzeugt wurden und zwischen den Zeilen quellen durch das zufällige Zusammenstoßen dunkler oder gleichfarbiger Stellen Bilder und Zeichen hervor, ohne dass sie bewusst erzeugt worden wären. Bei Simone Rosenow gehört ein ähnliches Hervordrängen von Zufalls-Inhalten zur Methode, aber nicht als Ergebnis eines mehrfach wiederholten Arbeitsganges sondern, wie schon zuvor erwähnt, als assoziativer Überschuss zu den grafischen und malerischen Formfindungen, den sie dann als Wort oder Text ins Bild schreibt.

Einführung zur Ausstellung ‚ Zeichenspuren‘ von Simone Rosenow und Jan Douma, Kulturmühle Rechberghausen am 20.02.2020.


ZEITUNGSARTIKEL

„Bildhauersymposium: Besucher gehen auf Tuchfühlung mit den neuen Skulpturen im Mettnaupark“ – Gerald Jarmusch, Südkurier, 21.05.22

„Ein Krokodil lauert im Farbsee“, Kunst in Kürze: Kunstverein Kirchzeiten und Kunstforum Hochschwarzwald – Hans-Dieter Fronz, Badische Zeitung, 18.05.22

„Spielereien mit vertikalen Flächen und mit Kanten“, Ausstellung ‚Resonanzen‘ im Kunstforum Hochschwarzwald – Thomas Biniossek, Badische Zeitung, 03.05.22

„Kommunikation der Teile“, Ausstellung ,Counterparts‘ im Spritzenhaus, Kunstverein in Bahlingen – Hans-Dieter Fronz, Badische Zeitung, 10. Juni 2021

„Gegenstücke in Malerei und Bildhauerei“ , Ausstellung ,Counterparts‘ im Spritzenhaus, Kunstverein in Bahlingen – Christiane Franz, Badische Zeitung, 27. Mai 2021

„Suche nach einer einfachen Formensprache“, Porträt Bildhauer und Maler Jan Douma, Kaiserstuhl – Eva Buchholz, Badische Zeitung, 15. Mai 2021

„Das gleißende Licht Kaliforniens“, Kunst in Kürze: Galerie Kralweski, Künstlerwerkstatt L6, Galerie Claeys, Freiburg – Herbert M. Hurka, Badische Zeitung, 19. September 2019

„Ein kontrastreiches Miteinander“, Ausstellung ,Paperart und Kultur‘, Ina Kunz und Jan Douma, Galerie Menzel, Kenzingen – Ilona Hüge, Badische Zeitung, 19. September 2018

„Lebenslinien und Raumkontakte“, Ausstellung ,‘Transition‘, Barbara Seifried und Jan Douma, Platform 3/3, Friedrichshafen – Elfi Braschel, Südkurier, 9.Juli, 2015

„Das Zusammenspiel der Dinge“, Galerie Krüger, Koblenz zeigt umfassende Einzelschau des Künstlers Jan Douma, ,In between‘ – Christian Bleibaum, Rheinzeitung, 31. Juli 2014